Mein vertrautestes Gebäude

Gestern Abend waren Christian und ich im Kurtheater Baden. Als ich so im Zuschauerraum sass und auf den Beginn des Theaterstücks wartete, kam mir in den Sinn, wieviele Jahre ich schon in diesem Haus ein- und ausgehe. Ausgelöst wurden diese Erinnerungen, weil so viele junge Leute links und rechts von uns sassen. Es machte den Anschein, dass ganze Schulklassen anwesend waren. Mir kam in den Sinn, dass wir in der Bezirksschule auch Vorstellungen besuchten. Welches war wohl die erste? Vielleicht Nathan der Weise von Lessing?

Doch ich war auch schon als kleineres Kind im Kurtheater Baden. Ich habe Märchenvorstellungen besucht mit meinen Eltern. Ich bin sogar selber auf der Bühne gestanden und muss während dieser Erinnerung heimlich schmunzeln. Damals war ich doch tatsächlich im Ballett und hatte einen grandiosen Auftritt als kleine Blume. Meine Ballett-Karriere war allerdings schnell beendet. Die Abenteuer bei den Pfadfindern haben mir später mehr Spass gemacht.

Wenn ich es mir so überlege, ist das Kurtheater Baden das älteste und vertrauteste Haus, das ich kenne und immer wieder betreten kann. Die Wohnungen und Häuser meiner Eltern, Grosseltern und Urgrosseltern kann ich nicht mehr betreten, denn es wohnen fremde Leute drin. Das Kurtheater Baden ist mir irgendwie Heimat, engt mich aber nicht ein sondern eröffnet mir immer wieder neue Welten.

Unglaublich viele Vorstellungen, von unmöglich bis ganz wunderbar, habe ich in diesem Haus schon gesehen mit meinen Eltern, mit Freundinnen und Freunden und natürlich mit Christian. Auch dieses Jahr habe ich für die Winterzeit wieder ein paar Vorstellungen ausgesucht. Wie wohl die heutige sein wird?

Die Schweizer Erstaufführung von „Supergute Tage – oder die sonderbare Welt des Christopher Boone“ (nach dem Roman von Mark Haddon, von Simon Stephens, Deutsch von Barbara Christ) war einfach überwältigend gut. Auch die vielen jungen Leute waren begeistert. Supergute Tage ist eine Familiengeschichte, die fast wie ein Krimi aufgebaut ist und daher schon spannend ist. Ausserdem wird sehr einfühlsam das Asperger Syndrom (leichte Form von Autismus) thematisiert. Unter www.theaterkantonzuerich.ch kann man sehen, wo es noch weitere Vorstellungen gibt.

Als Schreiberin von Rosie’s Blog muss ich natürlich auch das Buch „Das Rosie-Projekt“ von Graeme Simsion empfehlen. Daily Express schreibt darüber: „Ein Märchen für unsere Zeit, das die erlösende Kraft der Liebe feiert.“ Ich habe es sehr gerne gelesen und viel gelacht. Don Tillmann mit Asperger Syndrom lernt die ganz andere Rosie kennen. Ich leihe das Buch gerne aus.

Ganz interessant fand ich auch das Buch von Peter Schmidt, der selber Autist ist und sehr lange nicht gewusst hat, was mit ihm los ist. Seine Eltern sind immer zu ihm gestanden und er hat nach vielen Verwirrungen eine Frau gefunden. Er hat seine Erlebnisse und Erfahrungen selber aufgeschrieben in seiner eigenartigen Sprache. Auch dieses Buch – Ein Kaktus zum Valentinstag – wurde mir empfohlen, und ich bin dankbar dafür. Selber konnte ich auch mit Peter Schmidts Buch jemandem entscheidend helfen, einen autistischen Freund besser zu verstehen. Peter Schmidt hat auch eine interessante Website.

So das wären meine Empfehlungen für heute! Wie ihr schon gemerkt habt, kommen die Blogs nicht in gleichen Zeitabständen. Manchmal lege ich mir einen Text im Kopf zurecht und komme gar nicht dazu ihn aufzuschreiben. Heute hat es geklappt. Übrigens glauben Christian und ich auch oft, für das Theater keine Zeit zu haben. Wir sind eigentlich zu müde und zu gestresst und haben sowieso viel zu viel los. Und nach der Vorstellung sind wir meist ganz beglückt, so wie gestern.

6 Gedanken zu „Mein vertrautestes Gebäude

  1. Moni Müller

    Liebe Rosemarie

    Dein Beitrag zum Kurtheater hat mich in meine Kindheit zurückgeführt.
    Das erste Stück durfte ich als 6-jährige mit meiner Mutter zusammen sehen. Es war „Rotkäppchen“. Meine Güte hatte ich Angst vor dem Wolf, der da im Bett lag. Es war nicht der grosse Mund, der mir Angst machte, es war die Tatsache, dass er plötzlich zu sprechen anfing. „Hilfe, wir haben in Baden einen bösen, sprechenden Wolf“. Ich wollte nie mehr in dieses Kurtheater zurück gehen. Was wenn dieses Gebäude das Zuhause diese Ungeheuers war? Hätte ja sein können, nicht wahr?
    Na ja, die Angst hat sich mit der Zeit ergeben und ich besuchte die alljährliche Silvesteraufführungen mit meiner Familie. An zwei Stücke erinnere ich mich noch sehr gut. Eines mit Jörg Schneider und das andere mit dem „Derrick-Schauspieler“ Horst Tappert.
    Als mein Gottikind sieben war, sahen wir uns im Kurtheater „Max und Moritz“ an. Bei den zahlreichen, schaurigen Szenen fragte mich mein Patenkind, „Gotti kann das alles sein?“ Im Bus nach Hause erklärte ich ihm, was im Stück wie gemeint war. Die meisten Märchen haben schon einen recht Angst einflössenden Charakter wie ich finde.

    Was habe ich im Kurtheater Angst gehabt, mich aber auch köstlich amüsiert. Beispielsweise über die Acapickels, Schmirinkis. Bei meinem letzten Besuch im Kurtheater durfte ich NIna Corti bewundern. Flamenco mit den genialen Gitarristen war der Oberhammer für mich. Wer mich kennt, weiss wie sehr ich die Gitarrenmusik und das Spielen liebe.

    Vielen Dank, liebe Rosemarie für den wertvollen Beitrag. Ich habe die Erinnerung an das Kurtheater sehr geniessen können.

    Alles Liebe, Moni

  2. Matthias Künzi

    Hoi „Rosie“ 🙂 Schön, über deinen Blog von dir zu hören! Ja, das (Kur)Theater ist eine ungemein wertvolle Institution. In Bern ist die Katholische Kirche und das Stadttheater (neu „Konzert Theater Bern“) im November daran, zusammenzuspannen: So lädt die Kirche zum Heinrich von Kleist’s „Der zerbrochene Krug“ ein – und im Gegenzug kommen SchauspielerInnen in Gottesdienste, um Szenen aus dem Kleist-Lustspiel aufzuführen. Ich freu mich auf das Projekt.
    Herzlicher Gruss, auch an deinen lieben Gemahl:
    Matthias

    1. Rosemarie Beitragsautor

      Hallo Matthias
      Ja solche Projekte sind spannend! In Bern gibt es bestimmt viele kulturelle Möglichkeiten. Ich freue mich über dein Interesse an meinem Blog.
      Herzliche Grüsse auch an deine Familie
      Rosalia Bilski (weisst du noch in der Stifti?)

  3. Silvia Weidmann

    Liebe Rosemarie, das ist sehr interessant was du schreibst, ist in dir nicht eine Schriftstellerin verloren gegangen?…du hast ja noch Zeit umzusatteln!
    Liebe Grüsse und ich freue mich schon auf den nächsten Bericht. LG

    1. Monika Neidhart

      Liebe Rosmarie
      ich weiss jetzt nicht, ob meine Antwort ankommt. Irgendwie ist es dieses Mal anders als das letzte Mal….
      Es ist schön, Dich und Christian im Kurtheater zu sehen. Ich wusste gar nicht, dass Dich eine solange Geschichte damit verbindet.
      Felix und ich sehen heute Ursus und Nadeschkin. Wir freuen uns.
      Ein anderes Mal mehr, bin etwas im Stress – und – gehe trotzdem ins Kurtheater :-
      Ganz liebe Grüsse
      Monika

      1. Rosemarie Beitragsautor

        Liebe Monika
        Viel Spass bei Ursus und Nadeschkin, die mir auch sehr gefallen. Ich habe sie aber noch nie live gesehen.
        Herzliche Grüsse
        Rosemarie

Kommentare sind geschlossen.