Archiv für den Monat: Januar 2015

Seidenband und Ewigkeit

Es ist nicht einfach, mit meinem Beruf als Sozialpädagogin die sogenannte „work-life-balance“ zu halten. Kulturelle Aktivitäten helfen mir, mein Gleichgewicht zu finden. Ich bekomme viele neue Impulse und kann mich auch entspannen.

Deshalb habe ich mich sehr gefreut, mit einer Freundin letzthin das Museum Baselland in Liestal zu besuchen. Dort gab es unglaublich viel zu sehen und zu erleben und ich habe übrigens an diesem Tag meine zehntausend Schritte locker erreicht. Die Museen sind heute allgemein viel spannender als früher, weil man vieles selber entdecken und anfassen kann. So waren auch einige Kinder mit Erwachsenen zusammen im Museum unterwegs.

Von Seidenbändern habe ich ja schon gehört und von meiner Gotte habe ich immer Geschenkspäckli mit Seidenband bekommen, aber der Begriff Posamenten war mir bis jetzt nicht geläufig.

Posamenten (aus dem französischen passement) sind Besatzartikel, die keine eigenständige Funktion besitzen, sondern lediglich als Schmuckelemente auf andere textile Endprodukte wie Kleidung , Polstermöbel, Lampenschirme, Vorhänge und andere  Heimtextilien appliziert werden.

Im Baselland war früher die Posamenterei, das Weben von Seidenbändern in Heimarbeit, sehr verbreitet. Im Museum gibt es Filme zu sehen von Menschen, die von Kindsbeinen an bis ins hohe Alter mit der Posamenterei beschäftigt waren. Viele sagen im Film, dass sie dies sehr gerne gemacht hätten. Eine Woche später berichte ich zwei älteren Frauen von meinem Museumsbesuch. Sie lachen und erzählen, dass sie mit meinem Vater auch mal dort gewesen seien und sie hätten heute noch ein paar Seidenbänder von diesem Ausflug. Der Apfel fällt also nicht weit vom Stamm oder wie der Vater so die Tochter!

Im Museum Baselland geht es auf einem anderen Stock nicht um Äpfel sondern natürlich um Kirschen. Als erstes kann man sich mit Helm auf ein Motorrad setzen und dann wird einem eine „Chirsi-Bluescht-Fahrt“ simuliert. Weiter konnten wir wirklich alles über Kirschen erfahren. Bilder von der Kirschblüte in Japan waren auch zu sehen. Wieder eine Parallele zu meinem Vater, der mir vor 17 Jahren einen japanischen Kirschbaum geschenkt und den kleinen Baum noch durch die Haustür tragen konnte. Mein Vater ist unterdessen gestorben und der Baum ist riesig und muss immer wieder geschnitten werden. Wir freuen uns jeden Frühling an der rosaroten Pracht.

Christian und ich waren letzten Mittwoch auch im Kurtheater Baden zur Entspannung. Es war allerdings ein emotionsgeladenes Stück von Peter Konwitschny (Produktion: Theater Chur & orchester le phénix), der Bachkantaten unter dem Titel „O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit“ inszenierte. Schon am Anfang erschreckten wir ziemlich, als die Sänger auf den Seitengängen im Dunkeln mit ihren vollen Stimmen zu singen anfingen und auf uns zukamen. Die Begriffe Zeit und Ewigkeit wurden uns auf unkonventionelle Art näher gebracht. Und doch die Musik von Bach ist einfach zeitlos.

Im Moment gerade verbringe ich Freizeit im Bündner Oberland. Leider herrschte hier heute derselbe Hochnebel wie im Unterland und trennte uns den ganzen Tag von der wärmenden Sonne. Aber wir lassen uns ja nicht verdriessen und haben uns gegen Abend ein Kaminfeuer gemacht, einen feinen Tee gekocht und lesen. Ich war noch in der Bibliothek und habe auch ein Buch für Christian gefunden. Es ist ein Volltreffer und ich höre ihn andauernd lachen. Das Buch ist von Thomas Meyer und heisst „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“. Der junge orthodoxe Jude Mordechai Wolkenbruch, kurz Motti, hat ein Problem: Die Frauen, die ihm seine mame als Heiratskandidatinnen vorsetzt, sehen alle so aus wie sie. Ganz im Gegensatz zu Laura, seiner adretten Mitstudentin!

Christian ist grade fertig geworden. Also ich muss Schluss machen. Das Buch ruft!