Archiv für den Monat: Januar 2015

Rosie und die Urgrossmutter

Unmittelbar vor Weihnachten war ich noch in der Bibliothek Mellingen und habe mir spontan 2 Bücher ausgesucht. Ich liebe es in Bibliotheken zu gehen. Dort kann ich, ähnlich wie ich es beim Kurtheater Baden beschrieben habe, an früheste Kindheitserinnerungen anknüpfen. Heute können Bibliothekarinnen mit dem Computer arbeiten und müssen sich nicht mit den Karteikärtchen herumquälen, aber für mich fühlt es sich wie früher an. Wir sind Mitglied von den Bibliotheken Mellingen, Baden und Wettingen. Leider habe ich viel zu wenig Zeit, um in allen Bibliotheken ausgiebig zu schmökern. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, wenn ich pensioniert bin. Auf jeden Fall hoffe ich, dass Bibliotheken mit ihren netten Mitarbeiterinnen noch lange nicht verschwinden werden.

Als Primarschülerin war der Bibliotheksbesuch ein Erlebnis für die ganze Familie. Wir sind mit unserem weissen VW-Käfer (siehe Beitragsbild) nach Zürich-Altstetten gefahren, weil es dort angeblich die beste Bibliothek gab oder warum auch immer. Meine Schwester war damals noch sehr klein, aber ich erinnere mich, dass sie sich bei den Bilderbüchern auch gut verweilen konnte. Glücklich sind wir jeweils mit unserem individuellen Schatz an Büchern wieder nach Hause gefahren.

Dieses Glück erlebe ich auch heute noch. Zuerst schaue ich immer bei den Neuerscheinungen, ob mir irgendein Buch bekannt vorkommt oder ich irgendetwas darüber gehört habe. Jetzt vor Weihnachten waren fast alle Neuerscheinungen wahrscheinlich schon ausgeliehen und ich habe in vielen anderen Regalen weitergeschaut. Spontan habe ich mir 2 Bücher ausgesucht, die ich unterdessen gelesen habe und wärmstens weiterempfehlen kann.

Das erste Buch ist von Joachim Meyerhoff und heisst „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“. Der Roman ist autobiographisch und geht unter die Haut. Er beschreibt vor allem auch die Beziehung vom Ich-Erzähler zu seinem Vater, der Psychiater war. Sie haben als Familie mitten auf dem Psychiatrie-Gelände Hesterberg in Schleswig-Holstein gewohnt. Es ist ein „Wahnsinns“-Buch, mit Respekt und Wärme geschrieben. Es wurde mir vor Monaten schon von einer Kollegin empfohlen und es hat mich umgehauen. Für das Buch braucht man etwas Ruhe und Zeit. Es lässt sich nicht nebenbei lesen.

Das zweite Buch heisst „Rosie und der Urgrossvater“! Und zwar gehe ich auch immer wieder in der „Kinder- und Jugendbuchabteilung“ schauen. Der Name „Rosie“ ist mir natürlich sofort in die Augen gesprungen. Ausserdem stand noch „Prix Chronos 2012“ drauf. Ich wusste zwar nicht was das für ein Preis ist, aber das konnte ich ja herausfinden. Im Internet habe ich folgende Informationen gefunden:
Wenn Junge und Alte das Gleiche lesen, darüber sprechen und zusammen feiern, das ist der Prix Chronos. Auch dieses Jahr wieder motivieren Pro Senectute und Pro Juventute – neu mit der Unterstützung der Orell Füssli Thalia AG – Kinder und Senioren landauf und landab zum Lesen und Diskutieren. Im Frühling 2015 winkt 200 glücklichen Wettbewerbsteilnehmern eine tolle Preisübergabe mit einem Konzert des Rappers Knackeboul. Näheres zu erfahren unter www.prix-chronos.ch

Die Geschichten vom Urgrossvater sind sehr spannend und auch was die kecke Rosie dazu sagt. Sie können beide gut erzählen, aber auch zuhören. Das Buch ist sehr vielschichtig. Das Zusammenleben der Generationen und Familiengeheimnisse kommen zur Sprache. Die Grossmutter von Rosie, die ja die Tochter vom Urgrossvater ist, wird als eine ganz strenge Frau beschrieben. Doch die beiden setzen sich ein paar Mal über aufgezwungene Verbote hinweg.

Ich selber habe meine Urgrossväter nie gekannt. Alle 4 sind vor meiner Geburt gestorben. Doch 2 meiner Urgrossmütter haben noch gelebt, als ich geboren bin. Die Grossmutter meiner Mutter lebte mit meiner Grosstante zusammen. Ich glaube, meine Urgrossmutter war auch eine etwas strenge Frau. Meine Grosstante hatte es nicht einfach. Ich hatte wohl von Anfang an vor allem Sympathien für meine Grosstante Elsa gehabt und sie zärtlich „Tanti“ genannt. Beim Wühlen in der Fotokiste habe ich aber doch noch ein Foto von Rosie und der Urgrossmutter gefunden, was mich zu diesem Titel verleitet hat.