Zoltan und ich

Letzte Woche war ich in den Barryferien. Genauer gesagt: ich hatte die Leitung einer Ferienwoche für Menschen mit einer Behinderung im Ferienhaus der arwo in Seengen am Hallwilersee. Das Besondere an dieser Ferienwoche war, dass eine Heilpädagogin der Fondation Barry mit drei Bernhadinerhunden dabei war. Auf der Website könnt ihr Fotos von den Hunden sehen, die wir kennengelernt haben. Sie heissen Halix, Cheyenne und Zoltan. Zu Anfang haben mir die riesigen Hunde schon ziemlichen Respekt eingeflösst. Doch Bernhadiner sind wirklich ganz zutraulich zu Menschen. Gegenüber anderen Hunden können sie hingegen manchmal schon ihre Zähne zeigen.

Wir hatten unglaubliches Glück mit dem Wetter und konnten bis abends draussen sein. Die Hunde hatten auf uns alle eine entspannende Wirkung. Es war auch wunderschön, die verschiedenen Stimmungen am See mitzuerleben. Falls jemand den Hallwilersee noch nicht kennen sollte, lohnt es sich auf jeden Fall mal eine Wanderung oder Schifffahrt zu machen. In 5 Stunden könnte man den ganzen See zu Fuss umrunden (22 km). Das habe ich aber bis jetzt noch nicht geschafft.

Ich bin eher eine Spaziergängerin, so bis höchstens 3 Stunden. Mein Schrittzähler ist immer noch in Betrieb. In Seengen habe ich an einem Tag 15000 Schritte geschafft. Ich lese sehr gerne Berichte über lange Wanderungen, zum Beispiel auf dem Jakobsweg. Am Ziel des Jakobwegs, in Santiago de Compostela, bin ich schon gewesen. Freunde hatten uns eingeladen und wir sind hingeflogen. Wir verbrachten wunderschöne Tage in Galizien.

Zum Thema Wandern oder Pilgern auf dem Jakobsweg möchte ich den Film „Pilgern auf Französisch“ empfehlen. Den habe ich mir schon mehrmals angesehen. 3 Geschwister, die sich überhaupt nicht leiden können, sollen sich gemeinsam einer Reisegruppe nach Santiago de Compostela anschliessen, bevor sie ihr Erbe ausbezahlt bekommen. Es ist unglaublich, was diese Reisegruppe alles erlebt, bevor sie am Ziel ankommen. Die DVD kann bei mir ausgeliehen werden.

Spannend fand ich auch das Buch von Hape Kerkeling (bekannter TV-Entertainer aus Deutschland) „Ich bin dann mal weg“. Er kann sehr gut beschreiben, was so innerlich bei ihm passiert auf der Wanderung (800 km) nach Santiago de Compostela. Der Anfang war gar nicht einfach für ihn, weil er überhaupt nicht trainiert war. Er hat es aber trotzdem geschafft. Er hat sich einen knallroten Rucksack gekauft, damit man ihn aus der Luft gleich erkenne, wenn er tot umfallen sollte.

Vor kurzem habe ich das zweite Buch von Hape Kerkeling, „Der Junge muss an die frische Luft“ an einem Wettbewerb gewonnen. Ich habe es in einem Zug durchgelesen. Er beschreibt seine Kindheit entwaffnend ehrlich und mit grossem Humor. Eine der frühesten und glücklichsten Erinnerungen verdankt er seiner Grosstante Lore. Sie fand, dass der Junge an die frische Luft müsse und schob ihn Tag für Tag im geflochtenen Kinderwagen über Feldwege mit Blumen am Wegrand. Dabei redete sie unaufhörlich auf ihn ein, und ihr Redefluss wurde nur ab und zu durch ein glucksendes Lachen unterbrochen. Es ist ein versöhnliches Buch, das auch Verständnis für die ganz schweren Situationen in seinem Leben aufbringt. Seine Mutter hat sich das Leben genommen. Sie war psychisch krank. Seine ersten komödiantischen Einlagen sind entstanden, weil er seine Mutter aufheitern wollte.

Viele wichtige und unwichtige Erlebnisse und Erfahrungen machen uns zu den Menschen, die wir heute sind und irgendwie ist doch jeder Mensch etwas ganz besonderes – oder etwa nicht?

6 Gedanken zu „Zoltan und ich

  1. Monika Neidhart

    Liebe Rosmarie
    nach einer längeren und sehr eindrücklichen Reise durch die Provence sind wir wieder in Wettingen eingetroffen und ich bin erstaunt, wie schnell der Alltag wieder zurückkehrt. Ich denke dann immer an Menschen, denen es nicht so gut geht und die froh wären, wenn sie den Alltag leben könnten. Dann fühle ich mich wie eine unzufriedene Göre.
    Aber zu Deinem Blogg: Ich hatte bis vor ein paar Jahren immer einen Hund. Wenn ich Bilder anschaue oder eben lese von Ereignissen mit Hunden, bekomme ich immer eine Art von Heimweh. Ich mag Hunde sehr und glaube, dass sie im sozialpädagogischen Alltag wichtige Begleiter wären. Aber dann müsste noch jemand angestellt werden, um die Versorgung des Hundes zu gewährleisten…
    ich habe von Altersheimen gelesen, die Tiere halten, insbesondere Katzen und gute Erfahrungen machen.
    Wie auch immer, ich bin also zufrieden in meinem Alltag und freue mich Deine Bloggs zu lesen.
    Bis bald einmal – ganz liebe Grüsse
    Monika

  2. Barbara

    Liebi Rosemarie
    Ach: Von A bis Z konnte ich zustimmen. Angefangen vom schönen See (an dem wir viel zu selten sind. Eigentlich eine Schande, so nahe wie wir wohnen), der Film-Empfehlung (die Geschichte ist einfach wunderschön) und dem Buch von Hape Kerkeling. Das Erste kenne ich, das Zweite nicht.
    Jedenfalls: ich lese gerne Deine Gedanken und freue mich, dass Du uns anteilhaben lässt an Deinem Leben.
    Liebe Gruess
    barbara

  3. rita

    Barryferien und ihre Auswirkungen. Danke liebe Rosemarie für deinen Bericht. Ich habe den Klienten, der von unserer WG mitgegangen ist, erlebt, wie er am Montag Abend auf die WG zurück gekommen ist. Er war entspannt, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Er war zugewandt, hat angeboten, das Ämtli eines andern Klienten zu übernehmen, dem es gerade nicht so gut ging. Ja, der Bezug zur „Natur“ und zu den Lebewesen, sprich Tiere, ist für sehr viele Menschen heilsam. Früher hatte man das noch intuitiv gewusst, heute entdeckt man diesen Sachverhalt wieder neu. Tiere geben uns ein authentisches „Feed-back“, ungetrübt von Sympathie oder Antipathie. Sie gehen unvoreingenommen auf das Gegenüber ein. Dieser unvoreingenommene Blick ist sehr wesentlich. Heute hat der Bereich der „virtuellen Welt“ sehr breite Dimensionen angenommen. Aber TV – Unterhaltung ist eine Ein-Weg-Kommunikation. Es passiert keine Inter-Aktion. Kein Aus-Einander-Setzen, und somit kein Zusammen-Setzen, keine Entwicklung – um es mit Daniel Oberholzer zu sagen. Ausser Menschen diskutieren nach der TV-Sendung noch über deren Inhalt. Auf der WG erlebe ich es so, dass Klienten vor allem bei mir vorbeikommen, wenn sie belastende, sehr belastende Sachverhalte gesehen haben. Da besteht die Möglichkeit ins Gespräch zu kommen, sich mit dem Gesehenen und Gehörten aus-einander-zu-setzen, sprich das Gesehene und in der Konsequenz Gefühlte zu verarbeiten, in dem es ein-ge-ordnet wird.
    Was das Laufen und Bewegen angeht, da bin ich dabei. Komme gerne mit Euch einmal um den Hallwyler-See spazieren. Ich bin durch Hanspeter bereits gut trainiert. Ja, und habe die positiven Effekte des Trainings bei meinem Gesundungsprozess hautnah erfahren.
    Euch allen einen wunderschönen Tag. Rita

  4. Heidi Monnerat

    Danke für deinen Bericht. Die Hunde sehen ja wirklich zum knuddeln aus und ich kann mir gut vorstellen dass sie einem Gelassenheit vorleben können. Ich würde auch gerne mal um den See herumlaufen. Im Sommer haben wir „Wandern im Aargau geplant“ . Vor allem reizt mich am Wandern das Schwimmen . Ich könnte ja eine Hälfte Schwimmen und die andere wandern. Ich weiss, beides muss trainiert sein und mit dem Trainieren hab ich es nicht so…
    Liebe Grüsse Heidi

  5. Friedli Margrit

    Liebe Rosmarie
    Soeben habe ich mit Interesse deinen Bericht gelesen.
    Ich habe gar nicht gewusst von dieser Herberge am Hallwilersee. Schade bin ich euch nie begegnet. Ich spaziere noch häufig am See. Vor 11 Jahren bin ich auch einmal um den See gewandert. Ich hatte schon länger als 5 Stunden, ganz gemütlich und allein. Ein schönes Erlebnis, heute würde ich das wohl nicht mehr schaffen. Aber zum Schloss spaziere ich ab und zu, oder bis zum Delphin und dann mit dem Schiff zurück, oder umgekehrt.
    Den Film von den 3 Geschwistern, die zusammen den Jakobsweg erwandern mussten , habe ich auch mehrmals gesehen. Ich fand ihn humorvoll und doch auch zum Nachdenken, nebst dem Schmunzeln. Ja, unsere Erlebnisse prägen unser Leben.
    Das Buch “ Ich bin dann mal weg, habe ich einmal gelesen, hat mich aber nicht so gepackt. Vielleicht müsste ich es noch einmal lesen, oder auch das andere “ der Junge muss nach draussen“. Wenn du es einmal entbehren kannst, würde es mich interessieren.
    Vielleicht unternimmst du wieder mal einen Ausflug nach Seengen, das wär doch was.Christian ist natürlich auch herzlich willkommen. Da ich doch ab und zu gar nicht da bin, gibst du am besten einen Funk, oder ein SMS. 079 170 02 27 oder 062 891 12 62. Nun bastle ich mir etwas Zmittag. Morgen gehe ich mit Marianne nach Ipsach, wo wir meinen Enkel NAEL hüten werden.
    Liebe Grüsse und ein andres Mal.
    Margrit

    1. Rosemarie Beitragsautor

      Liebe Margrit
      Das Buch werde ich dir gerne mal ausleihen. Ich komme auch gerne mal in Seengen vorbei. Vielleicht sollte ich es wagen einmal alleine um den See zu wandern. Das wäre dann eine Mini-Pilgererfahrung für mich. Vielen Dank für deine interessanten Gedanken und liebe Grüsse. Rosemarie

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