Unter weissen Rosen

Im Moment sitze ich in unserem Garten, geniesse die sonntägliche Ruhe und schreibe. Allerdings werde ich bald aufbrechen, um in der Wohngemeinschaft (meinem Arbeitsplatz) Mittagessen zu kochen. Ich werde den Blog wahrscheinlich erst am Abend fertig schreiben. Aber immerhin ist wieder etwas wie ein Anfang gemacht. Schreiben macht mich glücklich. Doch ich hatte so was wie eine Schreibblockade, weil ich in letzter Zeit so viel erlebt habe und gar nicht mehr wusste, was ich davon erzählen will.

Am 4. Juni sind wir mit der Bahn nach Berlin gefahren. Wir wurden bestaunt, weil wir es wagen in Deutschland Zug zu fahren, wo sie doch dauernd am Streiken sind. Ausserdem wäre doch fliegen viel billiger! Doch wir sind halt echte Zugfans besonders wenn wir erster Klasse unterwegs sind. In bequemen Sesseln durch die Gegend zu sausen ist doch einfach ein Genuss. Am Bahnhof in Basel habe ich spontan das neue Buch von Blanca Imboden mit dem Titel „Matterhörner“ gekauft. Ihre Bücher versetzen mich in eine gute Stimmung. Ich musste mich beherrschen, dass ich im Zugabteil nicht allzu laut lache. Was gibt es Schöneres als zu lesen, ab und zu aus dem Fenster zu schauen und janz viel Jejend (berlinerisch) vorbeiflitzen zu sehen. Das Buch habe ich dann in Berlin gleich verschenkt.

Wir haben in Berlin bei Verwandten am Zeisigweg gewohnt. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich Zeisige gibt in Berlin. Vielleicht kann mir da ein Vogelkundler weiterhelfen? Auf jeden Fall gibt es eine Menge Vögel. Es gibt auch viele alte und hohe Bäume. Was uns wohl diese Bäume alles erzählen könnten? Wir haben dieses Mal kein einziges Museum besucht sondern haben Natur in der Grossstadt erlebt. Zum Beispiel waren wir mit dem Schiff unterwegs auf Seen, Flüssen und Kanälen. Wir waren im Botanischen Garten mit vielen Bäumen, Pflanzen, Blumen und quakenden Fröschen. Auch im Berliner Zoo gibt es viele alte Bäume. Die Tiere konnten wir sehr nahe beobachten, aber vielleicht sind sie schon etwas eng gehalten. Der Löwe hatte auf jeden Fall sehr laut gebrüllt. Vielleicht träumte er von einem Wildreservat in Afrika.

Wir waren auch an der Buga (Bundesgartenschau) in der Stadt Brandenburg an der Havel. Es hätte 5 Standorte in der ganzen Havelregion zu besichtigen gegeben. Das haben wir aber gar nicht geschafft. Auf jeden Fall sind diese „Bugas“ in Deutschland eine tolle Sache, die Erholungsgelände auch für die Zukunft schaffen. Vor Jahren waren wir auch an der Buga in Berlin. Ich kann mich noch gut erinnern, dass dort die Wildkräuter (sprich Unkraut) grosse Anerkennung bekamen. Seither bin ich auch stolz auf Wildkräuter in unserem Garten. Übrigens gibt es im neuesten Magazin des Tagesanzeigers (27. Juni 2015) einen Artikel zu diesem Thema: „Was anders ist, wird abgemäht“ von Mathias Plüss, den ich ganz hervorragend finde. Er schreibt zum Beispiel: „Die existenzielle Bedeutung des Rasens wurde mir so richtig bewusst, als wir kürzlich in eine neue Wohnung zogen. Der Hausbesitzer, ein überaus feiner Kerl, machte sofort klar, das Gras müsse normgemäss gestutzt werden. Unseren Kompromissvorschlag, wenigstens ein Rändli stehen zu lassen, das ein paar Käfern Schutz und Nahrung böte, lehnte er ab: Es sei ja nicht wegen ihm, sondern wegen der Nachbarn. Diese dürften nicht das Gefühl bekommen, es herrsche hier Unordnung.“

Wir konnten jeden Tag in Berlin Frühstück und meist auch Abendessen unter einer wunderbaren weissen Rosenhecke einnehmen. Es hat fein geduftet. Dieser Platz lud natürlich auch ein zum Lesen. Meine Schwägerin, die auch eine Leseratte ist, hat mir verschiedene Bücher empfohlen. Zwei davon habe ich schon gelesen und möchte sie gerne vorstellen.

Sehr berührend fand ich das Buch „Fuchserde“ von Thomas Sautner. Er schrieb einen Roman über zwei jenische Familien auf der Basis von Gesprächen mit Jenischen und historischen Recherchen. In Österreich sind Jenische nicht als Ethnie anerkannt, und sie selbst bekennen sich nach der Erfahrung der Verfolgung durch Nazis erst langsam wieder zu ihren Wurzeln: die Jenischen, die nicht zu den Roma und Sinti gehören. Sie sind die Nachkommen europäischer „Nichtsesshafter“ und führen ihre Herkunft selbst auf die Kelten zurück.

Christian und ich haben beide den empfohlenen Provinzkrimi aus Berlin gelesen: „Wo der Hund begraben liegt“ von Beate Vera. Der Krimi spielt in der unmittelbaren Wohngegend unserer Verwandten in Berlin-Lichterfelde. Die Bebauungsplanung für das ehemalige US-Truppenübungsgelände, von der im Buch die Rede ist gibt es tatsächlich. Auf jeden Fall ein spannender Krimi!

Es ist doch wunderbar, dass Lesen eine Freizeitbeschäftigung für alle Jahreszeiten ist! Drinnen, draussen, im Zug, im Garten, am See – und wo sind deine Lieblingsplätze?

5 Gedanken zu „Unter weissen Rosen

  1. Monika Neidhart

    Liebe Rosmarie
    das Buch „Matterhörner“ hat mir nicht so gefallen. Wahrscheinlich bin ich die Einzige. Alle sprechen ja im Moment davon.
    An die Buga möchte ich auch einmal, überhaupt nach Berlin. Das haben wir/ich noch nie geschafft. Berlin muss ja eine sehr eindrückliche Stadt sein.
    Ich lese im Moment „Jahrhundertschnee“ von Isabel Morf. Da gibt es in der Stadt Zürich einmal über 3 Meter Schnee. Die Leute sind eingeschneit und können ihre Häuser nicht mehr verlassen. (Natürlich) da passiert ein Mord in einem Mehrfamilienhaus. Es ist klar, es musst jemand von den Eingeschneiten sein, konnte ja niemand hinaus oder herein. Irgendwie hat es mich ein wenig an „Der Tod auf dem Nil“ von Agatha Christi erinnert. Da wird auch auf einem Schiff jemand umgebracht und es ist klar, dass es jemand von den Gästen war. Also ähnlicher Plot. Aber interessant zum Lesen.
    Ich kämpfe mit einer fiesen Sommergrippe – so habe ich etwas mehr Zeit zum Lesen, ich gehöre ja auch zu den Schwerstabhängigen.
    Liebe Grüsse
    Monika

  2. Barbara

    Liebi Rosemarie,
    Schön hast du geschrieben. Ich liebe das Lesen auch. Und lesen kann ich praktisch auch überall. Ich weiss wovon du sprichst 😉
    Berlin ist cool. Ich habe noch nicht soviel gesehen obwohl ich schon dreimal da war, weil ich mich verliere beim Leute beobachten oder beim zu Fuss durch die Stadt laufen. Man verpasst viel und sieht viel.
    Momentan sitzen wir in Leiden NL. Andreas liest und ich schmöckere im Internet und finde, dass das Leben wirklich toll ist. Danke für deine Lese- und Reisetipps.

  3. Margrit

    vielleicht würde dich das auch interessieren. In Melchnau ist ein Kunstweg, noch bis 12.7. zu bestaunen. Im Internet findest du einige Bilder .
    Margrit

  4. Monica

    Hallo Rosemarie, konnte das neue Buch von Blanca Imboden leider noch nicht lesen. Ja, mir gehts genauso, ich lese ihre Bücher sehr gern und kann dabei oft laut herauslachen. Wo bisch? gibts sonst noch so einfache Stimmungsheber? Lesen macht Spass.

    1. Margrit

      Liebe Rosmarie
      Vielen Dank für deine spannende Erzählung.Ich habe mich sehr gefreut, wieder von dir zu lesen. Ihr habt ja wieder einiges erlebt.
      Ich kann gut verstehen , dass Schreiben dich glücklich macht. Ich schreibe auch gerne,manchmal Briefe oder Tagebuch.
      Lesen gehört auch zu meinen Lieblingsbeschäftigungen . Am liebsten lese ich am Abend auf meinem Balkon. Dann ist es nicht mehr heiß, und zwischendurch genieße ich die herrliche Aussicht in die Berge. Im Winter lese ich meistens am Küchentisch. Dann darf auch eine Kerze nicht fehlen. Sehr gerne lese ich Biografien, Romane eher weniger.
      Jetzt sitze ich auch grad auf dem Balkon und genieße ein wunderschönes Vogelkonzert.
      Ich wünsche dir und Christian einen guten Start in die neue Woche, die ja recht sommerlich werden soll.
      Liebe Grüße und ich freue mich schon, wieder von dir zu lesen.
      Margrit

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