Veilchen im Moos

Es ist schon etwas Zeit vergangen seit meinem letzten Blogeintrag. Der Frühling hat begonnen und ich freue mich sehr darüber. Je älter ich werde, desto mehr freue ich mich. Es ist doch unglaublich, dass nach der kalten, teilweise grauen Winterzeit einfach Grünes und Farbiges aus dem Boden und aus scheinbar toten Ästen spriesst. Es ist ein Wunder, anders kann ich es nicht sagen!

Heute auf einem Spaziergang mit Christian habe ich auch Veilchen entdeckt. Da musste ich an mein Poesiealbum aus der Schule denken und an einen Vers, der gleich mehrmals drin stand:

Sei wie das Veilchen im Moose
Bescheiden, sittsam und rein
Und nicht wie die stolze Rose
Die immer bewundert will sein

Mir gefallen Veilchen sehr gut, aber den Spruch fand ich schon damals ziemlich blöd. Im Internet lässt sich einiges zu diesem Vers finden. Lustig fand ich eine Neudichtung:

Sei nicht wie das Veilchen im Moose
Sittsam, bescheiden und rein
Du kannst ruhig wie die Rose
Ein bisschen stachelig sein.

Poesiealben sind in den Zeiten von Internet und Facebook überflüssig geworden. Ich bemühe mich, den Kontakt zur Jugend zu behalten und überhaupt noch mitzubekommen, was da so läuft. Aber das ist gar nicht so einfach. Ich versuche, so oft wie möglich mit jungen Menschen zu diskutieren und ab und zu lese ich ein Jugendbuch. Neu ist ein witziges herausgekommen von Blanca Imboden und Frank Baumann. Es heisst «Johnny Depp – Schule ist doof» und ist im Wörterseh-Verlag herausgekommen. Ich konnte es mir nicht verklemmen, es zu kaufen, fand es spannend zu lesen und gebe es gerne weiter.

Ich habe als Erwachsene fast alle Bücher von Christine Nöstlinger gelesen. Ich weiss gar nicht, ob sie noch lebt,  sie hatte in den letzten Jahren mehrere Krebsoperationen. Ich habe auch ihre selbstverfasste Biografie gelesen. Sie ist 1936 in der Wiener Vorstadt geboren und hatte ein sehr bewegtes Leben mit ungewöhnlichen Familienkonstellationen. So beschreibt sie in ihren Kinder- und Jugendbüchern auch keine perfekten Familien und Menschen. Es geht eigentlich immer ganz viel schief, aber die nicht gewollten Veränderungen geben wieder neue Möglichkeiten.

Dass bei den meisten Menschen vieles schief geht, ist vielleicht das Einzige, was in allen Zeiten gleich bleibt. Wir lernen daraus und machen wieder neue Fehler.

Ich habe auch noch einen historischen Roman gelesen: «Anna Catrina» von Sabine Altermatt. Es ist die bewegende Geschichte einer rebellischen jungen Frau zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Ilanz. Bevor ich den Roman gelesen habe, nahmen wir zufälligerweise an einer Führung in Ilanz teil. So konnte ich mir beim Lesen alles noch viel besser vorstellen. Zum Beispiel den Pranger-Haken kann man heute noch besichtigen. Damals wurde man noch an den Pranger gestellt und angespuckt, wenn man sich scheinbar eines Fehlverhaltens schuldig gemacht hatte. Ich kann den Roman empfehlen. Er ist unterhaltsam zu lesen.

Gestern bin ich in Baden durch den Gemüsemarkt geschlendert. Beim Biohändler habe ich Topinambur entdeckt. Das ist eine Art Sonnenblume, deren Wurzeln man essen kann und die sehr gesund sind. Topinambur soll auch für Diabetiker sehr gesund sein. Wir haben es heute gegessen zusammen mit Rüebli, Nüsslisalat und einer geräucherten Forelle. Alles vom Markt und es hat fein geschmeckt.

Aber eigentlich wollte ich ja von einem Stand am Markt erzählen, der nichts mit Gemüse zu tun hat, sondern mit Büchern. Es wird in nächster Zeit einen offenen Bücherschrank im Kurpark in Baden geben. Ist das nicht wunderbar! Dieser Schrank kostet 12000 Franken, aber sie haben das Geld schon bald zusammen. Ich habe natürlich auch was gespendet. Das ist ja ein heimlicher Traum von mir so ein öffentlich offener Bücherschrank und ich werde so bald wie möglich im Kurpark sitzen und lesen. Näheres folgt. Bleibt gesund und lesefreudig!

4 Gedanken zu „Veilchen im Moos

  1. Margrit Friedli

    Liebe Rosmarie
    Danke für deinen spannenden Bericht. Ich freue mich immer , von dir zu lesen.

    Auf meinem Balkon habe ich auch in 2 Töpfen Veilchen entdeckt und war ganz überrascht.
    Mir gefällt die neue Dichtung von den Veilchen auch besser.

    Ich freue mich auch immer sehr, wenn im Frühling die Natur zu neuem Leben erwacht. Im Moment kann man wirklich jeden Tag etwas mehr grün und eben immer mehr auch Farben entdecken. Tatsächlich ein Wunder.

    Topinambur hatten wir früher auch im Garten. Ich selber geniesse die normalen Kartoffeln lieber.

    Ich wünsche dir immer wieder Zeit zum Lesen, spannend wie du erzählen kannst.

    Farbige Frühlingsgrüsse sendet dir
    Margrit

  2. Monika Neidhart

    Das geht mir genauso ! Vielleicht liegt es daran, dass man sich, eben mit zunehmendem Alter, mehr nach Wärme sehnt. Nicht zuletzt, um die Gebeine mit Wärme durchfluten zu lassen.
    Bücherkasten: Das ist wirklich eine Superidee! Zumal wir ja in einer Zeit leben, wo extrem viele Menschen in allen Lebenslagen, Smsen schreiben oder sich sonst wie mit dem Handy vergnügen. Da tut doch ein richtiges Buch enorm gut.
    Lieben Gruss
    Monika

  3. Ernst Strahm

    Zu Veilchen habe ich auch eine kleine Geschichte, und die steht in Verbindung mit der Familie Effinger auf Schloss Wildegg.
    Die Gräfin Marie Louise Saint-Simon-Montléart wurde Ehrendame einer Gräfin am Königshof in Versailles, hatte dort aber wegen der liberalen Haltung ihrer Familie etliche Schwierigkeiten. Während der Französischen Revolution konnte sie in die Schweiz fliehen und fand über mehrere Jahre Aufnahme bei der Familie Effinger auf Schloss Wildegg; Sophie von Effinger, unglücklich verheiratet mit einem Mann aus dem Hause von Erlach, hatte sie bereits in Paris kennen gelernt; die beiden waren eng befreundet. Die Gräfin hat dann offenbar für einige Zeit Wildegg verlassen, ist jedoch wieder zurückgekehrt und verstarb schon im Juni 1804 an Lungentuberkulose. Sie hat ihre letzte Ruhe im nahe gelegenen Wald gefunden; die schlichte Grabplatte trägt die Inschrift
    „Hier ruht nach dem Sturme des Lebens ein edles Weib. Marie Louise St. Simon-Montléart, geboren zu Paris, den 12. Oktober 1763, gestorben zu Wildegg, den 21. Juni 1804. Sie kam zur Welt, ein Veilchen unter Dornen und Disteln. Kämpfte mutvoll mit herbem Unglück von früher Kindheit bis an das Grab. Starb ruhig unter Freunden, froh ahnend höhere Bestimmung, denn ihre Handlungen waren gerecht und ihre Worte wahr.“
    Einen Besuch des Schlosses Wildegg (ist übrigens sehr zu empfehlen!) kann man gut mit einem Abstecher zum diesem Grab verbinden. Vom Schloss gelangt man auf einem Kiesweg, vorbei am Kinderspielplatz und der Feuerstelle, in wenigen Minuten zur letzten Ruhestätte der Gräfin.
    Bei meinem heutigen Besuch des Schlosses (3. April) habe ich auf dem Weg dorthin kein Veilchen bemerkt; im Wäldchen zwischen meinem Quartier und dem Schloss bedeckte aber – wie jedes Jahr im Frühling – ein dichter Bärlauchteppich den Waldboden!

Kommentare sind geschlossen.