Archiv für den Monat: Mai 2016

Waltraud

Gerade knapp schaffe ich es, auch im Mai 2016 noch einen Blog zu schreiben. Ich schreibe und lese ja sehr gerne, doch es gelingt mir nicht immer, den nötigen inneren Raum und die Zeit dafür zu schaffen. Manchmal fühle ich mich unter Druck und die Zeit rast nur so dahin.

Orte, wo ich immer wieder innerlich zur Ruhe komme sind Gärten. Gerade gestern waren wir bei Freunden in einem wunderbaren Garten zum Brunch eingeladen. Zuerst war es fast noch ein wenig kühl, aber die Wetterprognose versprach Besserung und wir harrten aus. Dann kam die Sonne und es wurde sehr warm. Wir haben fein gegessen, uns unterhalten und die Zeit ist beinahe ein wenig stehen geblieben. Unsere Freunde haben uns noch Maierisli aus ihrem Garten mitgegeben. Abends haben wir in unserem Garten gewerkelt und die Maierisli eingegraben und auch noch gejätet. Ein äusserst friedlicher Samstag, der dann noch jäh mit ganz schwarzen Wolken, einem fürchterlichen Brausen und einem kurzen Hagelsturm endete. Ich war sehr beeindruckt von diesem Spektakel. Zum Glück hat es den Pflanzen nichts gemacht.

Habt ihr schon mitbekommen, dass wir uns in der Schweiz mitten in einem Gartenjahr befinden? Dieses Gartenjahr soll Menschen ermutigen, Zeit und Energie weiter in Gartenarbeit zu legen. Es gibt auch viele private Gärten, die in diesem Jahr für die Öffentlichkeit geöffnet werden. Näheres könnt ihr über die Website offener Garten erfahren.

In diesem Zusammenhang habe ich auch die Ausstellung „Gärten der Welt“ im Rietberg Museum in Zürich besucht. Der Schweizerische Museumspass gilt auch für diese Sonderausstellung. Irgendwie hatte ich die Vorstellung, dass diese Ausstellung draussen im Park stattfinden würde. Doch an der Kasse sagte man uns, dass wir in das zweite Untergeschoss hinabsteigen müssten. Ich war fast ein wenig entsetzt, vom hellen sonnigen Tag ins Dunkle zu gehen. Doch die Ausstellung entpuppte sich als besonderes Erlebnis. Nachträglich empfand ich das Hinabsteigen als ein Eintauchen in innere Welten aus verschiedenen Kulturen. Als Auftakt sind Paradieswelten zu sehen. Gezeigt wird, dass sowohl in Europa wie auch in Asien Paradiese meist mit der Vorstellung eines zauberhaften Gartens verknüpft sind. Auch das Paradies von Adam und Eva hat viele Künstler inspiriert. Ein besonderes Erlebnis war auch der gesammelte Blütenstaub aus Kieferpollen, der über Jahre von Künstler Wolfgang Laib gesammelt wurde. Dieser gelbe Blütenstaub hat gestrahlt wie Licht. Ich konnte nicht richtig hinsehen.

An der Ausstellung habe ich auch noch ein Buch gekauft, das ich schon bei einer ehemaligen Arbeitskollegin gesehen hatte. Es gibt neben dem Ausstellungskatalog unglaublich viele Bücher zu kaufen und die Auswahl wäre mir schwer gefallen, hätte ich nicht, wie schon so oft, einen wunderbaren Tipp bekommen: „Traumgarten der Schweiz“ von Sarah Fasolin und Benedikt Dittli. Sie berichten über Menschen und die Gärten ihres Lebens. In diesem Buch ist auch die Irisliebe der Familie Bovet beschrieben. Die Mutter hat mit 70 verschiedenen Sorten angefangen und der Sohn hat die Anzahl der Sorten nun auf 400 erweitert. Es sind nicht weniger als 50000 Blüten, die sich jedes Jahr in Vullierens öffnen. Nächsten Mittwoch wollen Christian und ich nach Vuillierens fahren. Man kann den riesigen Garten während 6 Wochen besichtigen, dieses Jahr noch bis 12. Juni.

Ich habe auch Iris im Garten. Bis jetzt habe ich allerdings gemeint, dass es Schwertlilien sind. Ob es da einen Unterschied gibt? Also diese Iris/Schwertlilien habe ich von Waltraud geschenkt bekommen und ich bin ganz stolz, dass sie jedes Jahr wieder kommen und blühen. Jetzt gerade blühen sie und ich denke an Waltraud. Leider ist sie schon vor längerer Zeit gestorben. Sie war ein Mensch, der für andere Menschen Zeit hatte und zuhören konnte. Bei ihr durfte man vorbeigehen und einfach läuten. Wenn sie da war, hat sie aufgemacht und einem begrüsst wie wenn man ein Geschenk des Himmels wäre. Diese Liebe, die durch Waltraud hindurch gestrahlt hat, spüre ich heute noch.