Archiv für den Monat: April 2017

Stolpersteine

Beim Entrümpeln ist mir ein Prospekt vom Kulturweg Baden-Wettingen-Neuenhof in die Hände gekommen, der das Datum August 1997 trägt. 20 Jahre hüte ich also diesen Prospekt, und mindestens so lange wollte ich diesen Weg einmal machen und habe ihn nie gemacht. Es haben mir Leute davon erzählt und das eine oder andere Kunstwerk habe ich mal von weitem gesehen, aber wirklich auf den Weg gemacht habe ich mich nicht. Der richtige Zeitpunkt war nie da und einfach so losgehen, wenn man Zeit hat – wer macht das schon. Genau das haben Christian und ich an einem schönen Mittwoch im April gemacht. Wir hatten Zeit und sind einfach so losgegangen. Das hat uns echt Spass gemacht.

Wir sind mit dem Postauto nach Baden und dann an die Limmat hinunter. Dort an der Limmat war ich allerdings schon oft, vor allem, als ich als Banklehrling in der Mittagspause an die frische Luft wollte. Wir hatten Klimaanlage und künstliches Licht in der Bank. Da wäre mir beinahe das Gespür für die Jahreszeiten verloren gegangen, wenn nicht die Mittagspause gewesen wäre. Ich überlege mir manchmal, wie es den vielen Mitarbeitern in den vielen Shoppingcentern und anderen Bauten (ohne Natur) gesundheitlich geht. Und mit dieser Überlegung kommen wir schon zum ersten Kunstwerk von Theodor Huser, das er „10 gute Vorsätze“ nennt. Für mich sind es einfach Stolpersteine, die im Weg liegen. Zwei Jogger, die aus der Gegenrichtung angerannt kommen, machen sich den Spass über die Hindernisse hinweg zu springen. Das haben sie wohl nicht zum ersten Mal gemacht. Mit Leichtigkeit über die guten Vorsätze hinweg, warum nicht!

Ich habe noch einen neuen Flyer von einem Atem-Weg. Auf spielerische Art ermöglicht der Atem-Weg auf zwei unterschiedlich langen Routen durch das Waldgebiet der Gemeinden Oftringen, Safenwil, Uerkheim und Zofingen, sich bewusst zu erleben. Also wenn ich jetzt wieder 20 Jahre warte, dann bin ich schon 80 und ich weiss ja gar nicht, ob ich 80 Jahre alt werde. Also werde ich diesen Weg ohne Vorsatz einfach so an einem schönen Tag machen. Wer kommt mit?

Wenn ich mich so auf meinem Pult umschaue, liegt da noch ein Prospekt vom Verein Frauenstadtrundgang Basel (auch für Männer!). Stadtgeschichte einmal aus einer anderen Sicht – seit über 25 Jahren erarbeiten Studentinnen und ausgebildete Wissenschaftlerinnen unkonventionelle Stadtspaziergänge. Ich wurde von einer Freundin eingeladen zu dem Stadtspaziergang „wutentbrannt und liebestoll“. Es war unglaublich gut. Diese jungen Frauen waren sowas von intelligent, inspirierend und auch lustig. Es ging um Gefühlsgeschichten in Basel. Warum sang Walter von Klingen von der Liebe? Wie schrieben die Leute im 18. Jahrhundert Freundschaftsbriefe? Wie hat man früher Melancholie behandelt? Wie können wir Hass historisch besser verstehen? Und vieles mehr vorgetragen an Originalschauplätzen.

Ja das Leben schreibt Geschichten. Das habe ich auch gedacht als ich an der Lesung von Greta Gantenbein in Mellingen war. Sie hat das Buch geschrieben: «Zweite von links, Mein Leben mit und ohne Swissair». Ich finde es einfach faszinierend, wenn Menschen frisch von der Leber weg erzählen wie ihr Leben war und nicht zurechtbiegen müssen. Greta Gantenbein war heute auch in der Sendung Persönlich von Radio SRF1 zusammen mit DJ Bobo. Zum Glück kann man heute fast alles als Podcast nachhören. Zur normalen Sendezeit waren wir im Ostergottesdienst. Wir haben „Persönlich“ dann später gehört beim Rüsten und Kochen. Die Sendung wurde übrigens in der Villa Boveri in Baden aufgezeichnet. Falls es wieder mal dort stattfindet, werde ich persönlich ins Persönlich gehen, um sozusagen mal live zuzuhören und auch zu klatschen. Das getraut man sich ja zu Hause nicht, oder?