112 Jahre…

Mein seit einer Woche siebzigjähriger Christian hat gestern mit mir zusammen eine fantastischen Ausflug mit den Appenzeller Bahnen gemacht. Dabei sind wir von Altstätten nach Gais in einem 112Jahre alten roten Bahnwagen gefahren. Es war grandioses Wetter und es kam mir vor wie wenn ich durch ein Bilderbuch der naiven Malerei hindurchfahre. Blauer Himmel, weisse Wölkchen, Berge, grüne Hügel mit heimeligen Bauernhäusern, wunderschöne Gärten und Blumen, friedlich weidende Kühe. Es war einfach traumhaft schön.

Als erste Strecke der Appenzeller Bahnen wurde die Rorschach-Heiden Bergbahn (RHB) 1875 eröffnet. Ihr müsst wissen, dass ich ein absoluter Fan der Rorschach-Heiden Bergbahn bin und zwar seit Geburt. Meine Grossmutter Ida Schellenberg ist in einem Haus neben der Bahn in Heiden aufgewachsen. Mein Urgrossvater war Schneider und hatte ein kleines Geschäft für Kleider, Stoffe und Schuhe. Meine Grosstante Elsa hatte dieses Geschäft noch lange weitergeführt. Ich war sehr oft bei ihr in den Ferien und habe mit Begeisterung im Laden mitgeholfen. Jedesmal, wenn die Bahnschranke Alarm gab, rannte ich zum Fenster und winkte dem Zug. Natürlich gab es keine grössere Freude als mit dieser Bahn nach Rorschach an den Bodensee zu fahren, am liebsten im offenen Wagen.

Vielleicht sollte ich mir öfter Zeit nehmen, um mit den Appenzeller Bahnen zu fahren. Das würde mein Energie- und Begeisterungslevel markant steigern. Gestern war ich auf jeden Fall hin und weg und meine Freude kannte keine Grenzen. Das tut gut. Wir sollten öfter tun, was wir auch als Kinder gerne gemacht haben. All die vielen Geburtstage und auch der 70. Geburtstag von Christian sind kein Grund, älter zu werden.

Mit meiner Grosstante Elsa habe ich auch viel gespielt, am liebsten Eile mit Weile. Heute spielen wir mit Freunden Brändi Dog. Dieses Spiel hat Ähnlichkeiten mit Eile mit Weile. Es ist vielleicht etwas variantenreicher und komplizierter und macht grossen Spass. Christian hat nun ein eigenes Brändi Dog Spiel zum runden Geburtstag geschenkt bekommen. Wer will es mal ausprobieren? Was habt ihr für Kindheitserinnerungen?

Postkarten schreiben gehört auch zu meiner Kindheit. Welche Aufregung, wenn für mich eine Postkarte im Briefkasten war. Und wisst ihr was, das ist heute noch so! Bei den Postcrossern habe ich Menschen kennengelernt, die ähnlich ticken wie ich. Am 1. Oktober 2023 ist wieder ein Treffen in Luzern anlässlich des Welt-Postkarten-Tages.

Gestern habe ich eine Postkarte von Kirsi aus Finnland bekommen. Auf der Karte ist ein Kaffeekrug, 2 schöne Tassen, zwei Teller mit Kuchen und Blumen. Auf der Rückseite ist eine WWF Briefmarke mit einem Schmetterling «Parnassius apollo». Eine Briefmarke mit Wildgänsen hat es auch noch. Was kommt einem da in den Sinn? Natürlich das Buch von Selma Lagerlöf «Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen»! Kirsi hat aber eine andere «all time favorites» Buchempfehlung. Diese Empfehlung werde ich mal weitergeben, obwohl ich es noch nicht kenne und das eigentlich unvernünftig ist. Das Buch ist von Tove Jansson und heisst «Das Sommerbuch». Die Beschreibung lautet: Sophia und ihre Grossmutter verbringen den Sommer auf einer winzigen Insel im finnischen Meerbusen. Zusammen mit ihnen erleben wir eine Welt voller kleiner Wunder.

Tove Jansson hat auch die Fantasiewelt der Mumin-Trolle geschaffen. Ich habe auch ein paar süsse Karten von den Mumins.

Viele kleine Wunder wünsche ich euch jetzt und heute! Werdet nicht älter, erwachsen und vernünftig! LOL

5 Gedanken zu „112 Jahre…

  1. Signer Hans Georg

    Besagte Inhaberin der Kurzwarenhandlung am Heidlemer Bahnübergang war auch meine Tante. Die Ausstattung des Ladens ist mir allerdings in eher beklemmender Erinnerung. Die Fülle an in weiss-beige-rosa Tönen gehaltener Damenunterwäsche, die da in üppiger Fülle raumfüllend präsentiert wurde, war für einen Knaben wie mich, in den vermufften 1950-ern auf dem protestantisch geprägten Land aufgewachsen, des Guten fast schon zu viel.

    1. Rosemarie Beitragsautor

      Das ist ja schon lustig wie verschieden die Erinnerungen sein können. Schade kann ich den Laden nicht nochmals ansehen. Da gab es ja so unglaublich viele Artikel zu kaufen. Ich kann mich vor allem an die männlichen Kunden erinnern, die Hosen, tolle Hosenträger, Schuhe oder Filzpantoffeln kauften. Die Kasse hat mir natürlich auch Eindruck gemacht. Ich durfte dann jeweils die Sachen einpacken, nicht als Geschenk, einfach in ein braunes Papier. Plastiksäcke gab es ja noch nicht. Kannst du dich noch an die Urgrossmutter erinnern, an die Charlotte, die im Schwarzwald aufgewachsen war? Es wäre interessant mal auszutauschen.

      1. Hans Georg Signer

        Jaja, unser Erinnerungsvermögen macht aus Mücken Elefanten und umgekehrt. Dass Tante Elsas Kurzwarenladen auch ein Angebot für Männer gehabt haben soll, hätte ich mit voller Überzeugung dem Märchenreich zugewiesen. Aber es wird wohl wahr sein. Und jaja, an die Urgrossmutter Charlotte Schellenberg erinnere ich mich lebhaft. In meiner Erinnerung thront sie, eine etwas strenge, drahtige, hochdeutsch sprechende alte Dame, die Haare zu einem Dutt gebunden, in der guten Stube im 1. Stock an einem grossen Tisch. Noch stimmiger: Sie hielt Hof. Die Stube wurde unter anderem beherrscht von einem Buffet, einem wohl klassizistischen Möbel aus dem 19. Jhdt., in das eine Uhr eingebaut war. Vielleicht stand die Uhr aber auf dem Buffet.

  2. Veronika Koch

    Liebe Rosemarie

    Aus jedem Wort deiner Beschreibung der Landschaft des Appenzells klingt deine Begeisterung für den schönen Tag. Die Energie, die dir diese Fahrt gespendet hat, sprudelt förmlich über.
    Mir ging es in den Ferien am Bielersee so. Die Sonne, die Landschaft, das Wasser hat für mich ein perfektes Ganzes gebildet, von dem ich mich echt schwer wieder lösen konnte. Ich habe aber auch gemerkt, dass die Sonne und das Licht einen nicht unwesentlichen Faktor daran hatten. An den ersten zwei Tagen war es noch grau und bedeckt, und da hatte selbst mein geliebtes Wasser einen schwereren Stand.

    Ich habe mal in einem Kurs gehört, dass wir als Kind etwa so mit 8 Jahren am puresten unsere Persönlichkeit gewesen seien. Schon gross genug, um unseren eigenen Kopf zu haben, und noch wenig konditioniert von fremden Einflüssen.
    Ich überlege jetzt gerade, was mich mit als Kind so begeistert hat. Als Erstes kommen mir da Bücher in den Sinn. Ich war wirklich eine Leseratte (allerdings noch nicht als Achtjährige). Aber später habe ich Unmengen von Büchern verschlungen. Und viiiiiiel gestrickt. Ach ja, und Kinderschalllplatten gehört. Ich glaube, ich hatte da schon ein unheimliches Bedürfnis nach Geschichten.
    Da meine Eltern zwei kleine Lebensmittelgeschäfte hatten, fuhren wir nicht viel in die Ferien. Aber meine Kindheit und Jugendzeit verbrachte ich in und um diese Läden, wo wir nach und nach auch immer mehr mithelfen durften, bis wir diese kleinen Gescchäfte als Teeenager nachmittageweise allein führten.

    Auch ich war begeistert, wenn eine Postkarte im Briefkasten war. Irgendwie hatten wir ja auch viel weniger Ablenkung, und Post war da schon noch etwas Besonderes. Ich hatte lange Jahre eine Brieffreundschaft mit meiner Cousine, und so waren da sogar hin und wieder Briefe für mich im Kasten.
    Mittlerweile sind Postkarten und handgeschriebene Briefe schon wieder etwas Besonderes! Und ich freue mich auch jedes Mal wieder wie ein Kind darüber.

    Neben meiner Liebe für das Wasser begeistert mich gerade das Tanzen wieder sehr. Ich bin unheimlich froh, dass ich im Februar wieder angefangen habe, Linedance zu tanzen. So langsam fallen mir einige alte, eigentlich bekannte Tänze wieder ein, und dann gibt es ja auch immer wieder neue, die wir lernen. Und ich finde es herrlich, mich mit der Musik zu bewegen. (Konditionell gibt es allerdings noch Verbesserungspotenzial, aber ich hoffe sehr, dass das einfach beim Machen passiert.)

    Viele kleine Wunder finde ich auch in den Farben in der Natur. Im Garten leuchten die gelben Sonnenhüte um die Wette und gerade habe ich noch orange und pinkfarbige Echinazea eingepflanzt. Und dann die kommenden Farben der Herbstblätter …! Wenn dann darüber noch dieser blanke, blaue Himmel prangt, den wir in den letzten Wochen hatten, dann bin ich genau so glücklich, wie du an eurem Ausflug in der Heiden-Rorschach-Bahn.
    Eigentlich gibt es tausend Gelegenheiten, Glück zu empfinden. Man muss sie nur wahrnehmen.

    In diesem Sinne. Tausend liebe Grüsse. Veronika

  3. Doris Steiner

    Mit der Rorschach- Heidenbahn bin ich glaub noch nie gefahren oder nur teilweise….aber ist ein guter Tip!
    Die Mumintrolle sind herzig, kannte sie auch als Kind, hätte aber den Namen nicht mehr gewusst…“Das Sommerbuch“ tönt gut!
    Ich sehe hier auf der Alp viele kleine Naturwunder, kleine Pflänzchen, Moose, Flechten, Naturstimmungen…Ich liebe das!
    lg

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