Archiv für den Monat: Oktober 2014

Jetzt ist der Zeitpunkt

„Jetzt mache ich es, jetzt ist der Zeitpunkt da, jetzt schreibe ich einen Blog!“ sage ich am 6. Oktober 2014 um 18 Uhr zu meinem Ehemann Christian im Manor-Restaurant in der Bahnhofstrasse Zürich. „Hilfst du mir dabei, du weißt schon, mit dem ganzen Computerkram?“ fahre ich fort und schaue ihn erwartungsvoll an. Nach 35 Ehejahren weiss Christian genau, wann ich etwas unbedingt will und es kein Entrinnen mehr gibt. Jetzt überrascht er mich aber so sehr, dass ich einen Moment sprachlos bin. Als ich nämlich frage, was er denkt, wie ich meinen Blog nennen will, sagt er ohne Zögern: „Ist ja klar. Rosie’s Blog!“

Warum ist das klar? Sind wir nun schon so lange verheiratet, dass er meine Gedanken lesen kann? Christian hat mich nie Rosie genannt, höchstens vielleicht etwas neckisch „Röseli“. Die Abkürzung Rosie geht auf meine Teenagerjahre zurück. Damals konnte ich mich selber nicht ausstehen und wen verwundert es, natürlich auch die Abkürzung Rosie nicht besonders. Darum habe ich später wieder auf Rosemarie und natürlich auch auf dem e nach dem s bestanden. So haben es meine Eltern gewollt, so steht es in den Ausweispapieren und überhaupt. Nun gehe ich aber stramm gegen sechzig zu und etwas Unvernünftiges und Gemütlicheres wie Rosie’s Blog liegt durchaus drin.

Nachdem mir Christian seine Mithilfe in Sachen Computer zugesichert hat, machen wir uns auf den Weg Richtung Kaufleuten-Saal. Wir gehen natürlich zu Fuss. Seit zwei Monaten haben wir beide einen Schrittzähler und wollen pro Tag auf mindestens zehntausend Schritte kommen. Wir schaffen es nicht immer, aber immer öfter. Es wird am Sonntag Nachmittag nicht mehr faul herumgehangen. Dank Schrittzähler überwinden wir den inneren Schweinehund und machen einen Waldspaziergang. Wir haben ja den Wald vor der Türe, und es tut einfach gut.

Wir haben ein Kaufleuten Kultur Ticket von einer Freundin geschenkt bekommen. Wir waren die ersten, die sich gemeldet haben als sie einen Aufruf im Facebook gemacht hatte. Sie hatte dieses Ticket für zwei Personen nämlich gewonnen und der Anlass war ausgerechnet an einem Datum, wo sie in den Ferien ist. So kommen wir beide in den Genuss, an einem Live-Literaturclub mit den Gästen Franz Hohler und Susanna Schwager und Moderation Röbi Koller und Mona Vetsch teilzunehmen.

Es war ein fantastischer Abend. Wahrscheinlich war es einfach schön, weil die teilnehmenden Personen so authentisch, natürlich und auch fantasievoll waren. Alle vier könnte ich theoretisch auf der Strasse treffen und ein Schwätzchen mit ihnen halten. Franz und Susanna treffen sich tatsächlich manchmal zufälligerweise auf dem Gemüsemarkt in Oerlikon und unterhalten sich.

Franz Hohler haben wir vor Jahren schon auf der Frankfurter Buchmesse getroffen und an der Geburtstagsveranstaltung zu seinem Sechzigsten. Jetzt ist er schon 71, aber immer noch kreativ aktiv. Er macht bestimmt mehr als zehntausend Schritte pro Tag und besteigt auch hohe Berge, was er in seinem neuesten Buch eindrücklich beschreibt.

Auf das neue Buch von Susanna Schwager freue ich mich auch. Es kommt diesen Monat noch heraus. Sie beschreibt die bewegende Lebensgeschichte der Freudenfrau Zora von Zürich. Es war berührend zu erfahren wie sorgfältig sie recherchiert hatte und wie einfühlsam die Begegnungen mit Zora stattgefunden hatten.

Übrigens hatte ich an diesem Abend noch eine befreiende Erkenntnis. Franz Hohler sagte nämlich, dass seiner Meinung nach fantasiebegabte Menschen gar nicht schwindelfrei sein können. Er ist nicht schwindelfrei. Ich bin es auch nicht. Es ist einfach schaurig, was mir in gewissen Situationen manchmal einfällt. Natürlich fallen mir auch schöne Sachen ein. Vielleicht bin ich wirklich ein fantasiebegabter Mensch?

Röbi Koller stellte auch ein Buch vor, das ihm gut gefallen hat. Ich habe seine Empfehlung „Daniel Glattauer, Geschenkt“ sofort gekauft und im Zug auf der Rückreise von Zürich nach Mellingen schon angefangen zu lesen. Das Buch tut einem gut, irgendwie ein Seelenbuch. Es geht um einen Journalisten mit Alkoholproblemen, der plötzlich mit seinem 14-jährigen Sohn konfrontiert wird. Ich habe das Buch schon gelesen und es steht zur Verfügung. Wer mir als erstes einen Kommentar schreibt, dass er das Buch will, kann es gerne haben und dann auch weitergeben.

Ihr merkt schon, es wird in meinem Blog viel um Bücher gehen wird. Ich freue mich schon auf das nächste Mal und wünsche euch viele erfrischende Begegnungen auf dem Gemüsemarkt, im Internet oder irgendwo.