Statt bügeln

Ein Berg Wäsche zum Bügeln wartet auf mich. Aber bevor ich ihn in Angriff nehme, lasse ich mich gerne noch ein wenig ablenken. Blog schreiben ist nämlich viel schöner als bügeln. Immerhin habe ich heute schon im Garten gebuddelt und ein paar Tulpenzwiebeln versenkt. Ausserdem habe ich viel Verwelktes abgeschnitten, Laub zusammengerecht und eine ganze Grüntonne damit gefüllt. Die Hoffnung auf orange Tulpen hat mich innerlich gewärmt, denn draussen ist es ziemlich unfreundlich und kalt. Nachdem ich im Garten fertig war habe ich eine Kerze angezündet, einen Apfel, ein paar Baumnüsse und Datteln gegessen, einen feinen Kräutertee gemacht und jetzt tippe ich ganz genüsslich ein paar Sätze in mein geliebtes MacBook.

Letzte Woche hat mein 7. Museumsbesuch stattgefunden. Ich war mit einer Freundin im Museum der Kulturen in Basel. Übrigens hatte ich bis am Abend mehr als 15000 Schritte beisammen. Wir sind tüchtig in Basel herumgelaufen und den Lift im Museum haben wir nicht benützt.

Die Ausstellung heisst „Strohgold“, kulturelle Transformationen sichtbar gemacht. Gleich beim Eingang steht eine Vitrine mit einer wunderschönen Goldkette hell beleuchtet. Beim näheren Betrachten fällt einem erst auf dass es nicht Gold ist sondern Stroh, das mit Bienenwachs behandelt ist. Hinter der Vitrine ist eine riesige Wand aus grünen PET-Flaschen zu sehen. Plastik auf der ganzen Welt, von einer Küste zur nächsten gespült und im Meer und überall abgelagert – Plastikzeitalter! Die Ausstellung greift in 10 Stationen unterschiedliche Themenkomplexe auf, von Upcycling zu Mode etwa, von religiösen Wechselbeziehungen zu globalen wirtschaftlichen Verflechtungsgeschichten bis hin zu Übergangsriten.

Beim Upcycling wird Abfall als Material für die Schaffung neuer Produkte verwendet. Das finde ich faszinierend. Es gibt verschiedene Filme, wie zum Beispiel aktuelle Mode als alten Kleidern hergestellt wird. Oder die beiden Brüder Daniel und Markus Freitag erzählen, wie sie auf die Idee der Taschen aus Blachen kamen. Zu diesem Thema möchte ich noch ein Buch empfehlen, das 2012 in Deutsch erschienen ist: „Alles öko! 1 Jahr im Selbstversuch“ von Colin Beavan. Colin mit Frau und Kind versucht in New York klimaneutral zu leben. Das Buch ist sehr spannend und gibt gute Impulse. Unter anderem hat er auch versucht alles Secondhand zu bekommen und teilweise umzufunktionieren. Seit ich das Buch gelesen habe, versuche ich möglichst ohne Plastiksäcke auszukommen. Das ist ganz schön schwierig!

Am allerbesten gefallen hat mir zum Thema Übergangsriten die Gastausstellung von Mats Staub: „21 – Erinnerungen ans Erwachsenwerden“. Das ist eine Videoinstallation und funktioniert so: Der Künstler unterhält sich jeweils rund eine Stunde lang zum Thema „Was war mit 21?“ mit seinem Gegenüber. Im Tonstudio verdichtet er die Aufnahme auf eine Länge von rund acht Minuten. Diese Version spielt er dann dem oder der Befragten vor und filmt sein/ihr Gesicht während des Zuhörens. Diese ausgesprochen raffinierte Kombination aus komponierter Erzählung und Gesichtsausdruck als Reaktion darauf erleben die Besucher in der Videoinstallation. Ich habe nur 3 Lebensgeschichten hören und sehen können. Es sind über 100 aufgezeichnet! Ich muss also unbedingt nochmals hin.

Was war bei euch mit 21? Vielleicht können wir mal austauschen. – Jetzt muss ich unbedingt bügeln!!!

6 Gedanken zu „Statt bügeln

  1. Silvia Weidmann

    Ich bügle nicht gerne und Gott sei Dank muss ich das ja nur selten machen. Gartenarbeit würde ich tausendmal lieber machen, das befreit Körper und Seele.
    Das Wiederverwerten von gebrauchten Materialien hat man viel zu spät begonnen, unsere Welt ist leider schon total versaut und ich hoffe, das sie irgendwann wieder weniger Ballast tragen muss.
    Eine Wunderbare Sache zu diesem Thema kann ich allen empfehlen:
    „decoración navideña, capiovi, misiones, argentinien“ (google)

    Mit 21? da hatte ich bereits 2 Jahre Schweiz absolviert und arbeitete im Sekretariat einer Landwirtschaftsschule in Argentinien (von der HEKS unterstützte Institution),
    Lebte am Rande des Internates und lernte autofahren, und kam später zum zweitenmal in die Schweiz.

    Da ich ja über viel Zeit verfüge, habe ich wie jedes Jahr, mal wieder stundenlang gebacken, es sind einige Variationen und Kilos entstanden…und einige Menschen werden Freude daran haben.

    Auf Bald! Silvia

  2. rita

    Liebe Rosemarie
    mit 21 Jahren bin ich von Lausanne nach Argentinien ausgewandert! Es war das Jahr 1975 – Ende November. Anfang 1976 haben in Argentinien die Militärs die Präsidentin Isabelita Peron weggeputscht – die Militärdiktatur hat das Land in den Griff genommen.
    Ja, so bin ich schlagartig in eine andere Welt eingetaucht worden. Mit 21 Jahren ist man häufig noch blauäugig – bei mir hatte dieses „blauäugig sein“ einen hohen Preis zur Folge. An Herausforderungen hat es mir nie gefehlt – und Herausforderungen – wie man Krisen ja auch umschreiben kann – sind der Motor zur persönlichen Entwicklung.
    Wünsche Euch allen eine frohe Adventszeit
    Rita

  3. Matthias Künzi

    Wie geht’s der Büglerin? Spannende Themen und Projekte findet man(n) da unter den Wäschehaufen … 🙂 Weniger Plastiksäcke, weniger CO2 … immer weniger wäre immer mehr 🙂 Fröhlichadventliche Stunden wünscht euch euer Matthias

  4. Ursula

    schon lange her! mit 21 arbeitete ich im sekretariat des schweiz.kaminfeger-meister-verbandes in aarau,an der renggerstrasse. da war auch die verkaufsstelle sämtlicher werkzeuge zum reinigen der kamine u heizungen. da kamen sie dann,die kaminfegermeistet,die maître ramoneur u die spazzacamino u kauften ein u ich durfte sie bedienen. da hatte es echt nette herren dabei, besonders erinnere ich mich an herr genoud aus leysin,er brachte mir immer etwas feines mit. 🙂 eine junge frau in einer damals totalen männerdomäne.
    übrigens ich bügle auch gern 🙂
    ursula

  5. barbara

    Oh wie spannend Rosemarie
    das hört sich ja super an. Ich habe mit 21 Jahren ein Praktikum/eine Schnupperlehre gemacht in einem Schulheim für blinde und sehbehinderte Kinder in Zollikofen als Heimerzieherin. Ich merkte aber, dass dies nicht der richtige Beruf für mich ist von den Arbeitszeiten her. Und auch sonst: ein ganz anderes Arbeiten als ich es mir gewöhnt war. Die Erfahrung würde ich aber nicht missen wollen. Es war eine tolle Zeit.
    Und: alles ist besser als bügeln. 😉 Naja… ob ich Gartenarbeit dem Bügeln vorziehen würde, wüsste ich jetzt nicht…

    1. renate gertsch

      Rosemarie, hast du die Bügelwäsche fertig? 😉
      mit 21. Jahren war ich bereits Mutter unseres Claude Alain, arbeitete dank der Hütedienste der Grosseltern 60%, während mein Mann Peter sein Studium absolvierte. Immer wenn ich abends müde nach Hause kam stand das Znacht auf dem Tisch, was ich sehr schätzte. Peter hatte füher Schulschluss als ich Arbeitsende und meistens wartete auch Claude mit leuchtenden Augen auf mich. streng war es, aber ich möchte keine Sekunde missen…
      Übrigens: ich bügle gern!

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